Streit unter Mitarbeitern- wer muss sich kümmern?

Dass Konflikte in Organisationen (Unternehmen, Behörden etc.) normal sind und eine klärende und konstruktive Seite haben (Stichwort:"Konflikt als Chance") ist ebenso bekannt, wie die Tatsache, dass ungeklärte Konflikte teuer sind, das Betriebsklima beeinträchtigen und Ressourcen blockieren.

Wer muss sich kümmern?

Die Frage ist, wer für die Konfliktbeilegung verantwortlich ist. Zunächst mal die Kontrahenten selbst, fällt einem spontan ein. Das ist richtig, denn oft finden die Beteiligten eine Lösung ohne fremde Hilfe. Schwierig wird es dann, wenn eine anfängliche Meinungsverschiedenheit zum handfesten Streit eskaliert oder eine Erstarrung eingetreten ist. Weigern sich die Konfliktparteien, miteinander zu reden und zusammenzuarbeiten, wird es höchste Zeit für Chefs.

Fritz B. Simon sieht die Vorgesetzten in der Verantwortung: "Sie (die Vorgesetzten) müssen Konflikten, deren Wirkung als destruktiv einzuschätzen ist, ein Ende setzen. Wer hier tatenlos zusieht und sich nicht einmischt, verfehlt seinen Job."1 Simon moniert, dass Vorgesetzte hier zurückhaltend seien, weil sie u.U."...meinen, durch eine 'Teile-und-herrsche-Strategie' ihre persönliche Macht absichern zu können".2

Neben einem Machtmotiv gibt es  natürlich auch andere Gründe für Vorgesetzte, sich nicht oder nur halbherzig einzumischen. Z.B. wenn zu einem der Konfliktbeteiligten ein besonderes Vertrauens- oder gar Abhängigkeitsverhältnis besteht oder eine persönliche Beziehung existiert, die nicht auf's Spiel gesetzt werden soll. Vorgesetzte können selbst ursächlich für die Entstehung und die Aufrechterhaltung von Konflikten verantwortlich sein, etwa wenn bestimmte Bereiche oder Personen im Unternehmen ohne erkennbar betriebsbezogenen Grund mit Personal, Sachmittel, Vergütungen bevorzugt werden.

Auch neu geschaffene Strukturen in der Organisation, an die sich die Mitarbeitenden noch nicht gewöhnt haben, können eine Konflikt pushen.

Wann ist eine Konfliktbearbeitung sinnvoll?

Vera Petersen und Reiner Voss sagen zurecht, dass die Wirkung des Konfliktes zu beachten ist. Die zentrale Aufgabe von Führungskräften ist, dafür zu sorgen, dass Mitarbeiter leistungsfähig bleiben. Daher sollte bei Konflikten interveniert werden, wenn die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter beeinträchtigt ist.4 Dabei geht es sowohl um die individuelle Leistung als auch die Leistung des Teams und der Organisation insgesamt.

Wann sollten Vorgesetzte die Konfliktbearbeitung selbst angehen?

Zuständig und verantwortlich zu sein bedeutet nicht, dass Vorgesetzte selbst den Konflikt beilegen müssen. Sie können die Bearbeitung an externe Personen delegieren und in Fällen, in denen ihre Neutralität und Allparteilichkeit fraglich ist, sollten sie das auch tun.

Um zu entscheiden, ob Sie als Vorgesetztee/r selbst einen Mitarbeiterkonflikt angehen, beantworten Sie folgende Fragen:

  • stehe ich den beteiligten Personen unvoreingenommen gegenüber oder gibt es einseitige Sympathien, Antipathien oder Vorbehalte?
  • stehe ich den unterschiedlichen Sichtweisen der Beteiligten neutral gegen-über, oder neige ich einer Sichtweise zu?
  • kann ich im Hinblick auf eine Lösung im Rahmen des betrieblich möglichen ergebnisoffen sein oder habe ich schon eine Lösung im Kopf?
  • verfüge ich über das nötige methodische und kommunikative Knowhow, um einen solchen Prozess zu moderieren?

Selbst dann, wenn Sie alle diese Fragen positiv beantworten können, sollten Sie abwägen, ob die Konfliktbearbeitung nicht zu viel Ihrer Zeit beansprucht und zu Lasten anderer wichtiger Aufgaben geht.

Quellen

1)Fritz B. Simon, Einführung  in die Systemtheorie des Konflikts, Heidelberg 2010, Seite 111

2)Markus Troja, Erfolg auch bei Misserfolg. Auftragsgestaltung in hierarchischen Strukturen, in Konfliktdynamik 4. Jahrgang, Heft 1/2015, Seite 73

3) siehe ebenda. "externe Person" bezieht sich auf unternehmensfremde Personen oder unternehmensangehörige, jedoch nicht der Organisationseinheit zugehörige Personen, zu der die streitenden gehören

4)Vera Petersen, Reiner Voss,http://www.unternehmer.de/management-people-skills/87378- konfliktmanagement-wenn-mitarbeiter-streiten-Teil-i#

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