Wertschätzung und Anerkennung

Eigentlich sind sich doch alle einig: Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wünschen sich Respekt und Wertschätzung. Und es ist auch bekannt, wie diese Wertschätzung zum Ausdruck kommen soll. Echtes Interesse an der Person des Mitarbeiters, aufrichtige Anteilnahme, anerkennende Blicke, aufmunterndes Lob und ein herzliches Lächeln bewirken häufig viel mehr als eine Gehaltser-höhung. Lob, Feedback, Unterstützung und ein sozialer Umgang miteinander, bei dem sich Mitarbeiter wohl und gut aufgehoben fühlen sind wichtige Faktoren, ohne die eine Kultur des Vertrauens nicht wachsen  kann.

Ein Team um Prof. Dr. Astrid Schütz von der Universität Bamberg hat jetzt sogar herausgefunden, dass Mitarbeiter im Hinblick auf Anerkennung je nach Alter und Lebenssituation ganz unterschiedliche Erwartungen haben. So möchten Mitarbeiter  für unterschiedliche Verhaltensweisen, Ergebnisse und Eigenschaften wertgeschätzt werden. Beispielsweise möchten Azubis und junge Eltern vor allem für ihr Engagement und ihre Soft Skills anerkannt werden. Ältere Mitarbeiter hingegen schätzen es, wenn man ihr Expertenwissen wahrnimmt. Da kann es starke individuelle Unterschiede geben. Wenn also Unternehmen Wertschätzung nach dem Gießkannenprinzip verteilen, darf man sich nicht wundern, wenn die bei den Mitarbeitern nicht ankommt.

Vor diesem Hintergrund ist es doch sehr verwunderlich, wenn eine andere Studie, die die Personalberatung von Rundstedt unter 350 Managern und Personalern durchgeführt hat, zum Ergebnis kommt, dass viele Führungskräfte die Kompetenzen und Talente ihrer Mitarbeiter gar nicht kennen.  Diese Wissenslücken führt die Untersuchung auf das Rollenverständnis der Führungskräfte zurück, die vor allem auf ihre unmittelbaren Ziele konzentriert sind, sich nicht als Personalentwickler verstehen und daher die Interessen der Mitarbeiter weniger im Blick haben.

Dabei wäre es wichtig – so die Lehre aus der Untersuchung von Prof. Astrid Schütz – sich als Führungskraft die Zeit zu nehmen, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gut kennen zu lernen, um ihnen die Wertschätzung entgegenbringen zu können, die sie sich wünschen.

Nur wenn sie wissen, welche Bedürfnisse die Mitarbeiter haben und was ihnen wichtig ist bzw. wofür sie sich Lob und Anerkennung (von ihren Führungskräften) wünschen, ist die Grundvoraussetzung erfüllt, überhaupt eine Chance zur Motivation zu erkennen und zu bekommen.

„Wertschöpfung durch Wertschätzung funktioniert“ – so die Überzeugung von Bodo Janssen, Geschäftsführer der Hotelkette Upstalsboom, die es 2014 beim branchenübergreifenden Arbeitgebervergleich auf Platz 5 geschafft hat und damit zu den 5 besten Arbeitgebern Deutschlands gehört.

Es mag vielleicht viele grundsätzliche Führungsprinzipien geben, die das Thema berühren. Aus meiner Erfahrung als langjährige Führungskraft und Coach sind es drei Haltungen, auf die es besonders ankommt:

1. Führung ist eine Dienstleistung

Die heutigen Führungskräfte werden auf vielen Ebenen gefordert und sind hohen Erwartungen ausgesetzt, z.B. Umsetzung der Firmenstrategie, vorgegebene Ziele erreichen, Kundenbedürfnisse im Blick haben. Gleichzeitig haben sie der Weiterentwicklung der Menschen zu dienen, die für die Firma ihr Können und ihre Energie einsetzen.

Gute Mitarbeiterführung zeichnet sich dadurch aus, dass Menschen sich so entwickeln können, dass ihre Stärken voll zum Ausdruck kommen können. Das Unternehmen Upstalsboom bringt es so auf den Punkt: Weg von der Ressourcenausnutzung – hin zur Potenzialentfaltung durch persönliche Weiterentwicklung. Und es geht in seiner Werteorientierung sogar so weit, dass Menschen in ihrem beruflichen Alltag das leben können, was ihnen wichtig ist.

Nichts motiviert mehr und nachhaltiger als der Erfolg. Symptomatisch für gute Mitarbeiterführung ist daher auch, dass die Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass Erfolg möglich wird. Auch in dieser Hinsicht setzt das Unternehmen Upstalsboom Zeichen, beispielsweise in dem Querdenken der Mitarbeiter ausdrücklich willkommen ist. Dafür werden den Mitarbeitern sogar entsprechende Freiräume eingeräumt, damit sie Ideen entwickeln können.

2. Auf die Potenziale schauen

Eine wichtige Aufgabe von Führungskräften ist es, die Potenziale ihrer Mitarbeiter zu ergründen und sie auch zu nutzen. Die Realität sieht aber oft anders aus. Immer noch gibt es Führungs-kräfte, die auf die Schwächen konzentriert sind, die es als Ihre Aufgabe ansehen, festzustellen, was ihren Mitarbeitern alles fehlt. Auf einem solchen Boden können Offenheit und Vertrauen und eine wertschätzende Haltung nicht wachsen.
Im schlimmsten Fall wird eine Umgebung aus Anpassern, Mitläufern und Duckmäusern geschaffen; auf keinen Fall ein Team von Mitarbeitern, das aus eigener Motivation engagiert und kreativ Ziele und Innovationen vorantreibt. Menschen zu führen, die eine Meinung haben und sich diese auch zu sagen trauen, ist zwar manchmal anspruchsvoller und herausfordernder, doch langfristig weitaus lohnender und erfolgreicher.

3. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dürfen anders sein.

Diesen Aspekt stellt Führungskräfte Coach Gudrun Happich zum Thema wichtige Führungsprinzipien heraus. Sie betont: „Gerade die Leistungsträger denken und arbeiten in einem hohen Tempo, und sind irritiert, wenn andere da nicht mitkommen oder ganz anders reagieren als erwartet. Die meisten von uns denken, die anderen sind  so wie ich, deshalb müssen sie auch so reagieren wie ich es erwarte. Und weiter schreibt sie: “Damit fängt der Ärger an. Leistungsträger als Führungskräfte brauchen deshalb eine hohe Sensibilität dafür, dass die anderen Menschen nicht alle so gestrickt sind wie sie selbst. Sie sollten also ein Verständnis dafür entwickeln, dass andere Leute anders sind, aber auch ihre Qualitäten haben – eben andere als man selbst.“